Moabit Geschichtspark

 

Der Geschichtspark Ehemaliges Zellengefängnis Moabit befindet sich auf dem Grundstück des denkmalgeschützten ehemaligen Zellengefängnisses Lehrter Straße.

Gedenkstein am Eingang:

In der Lehrter Straße 8 stand 1849-1955 das
Zellengefängnis Moabit
1940-1945
Wehrmachtsuntersuchungs- und Polizeigefängnis
1944-1945
Gefängnis der Geheimen Staatspolizei
für Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944 und deren Angehörige
Viele Häftlinge starben als Opfer der
nationalsozialistischen Unrechtsjustiz.
Noch zwischen dem 22. und 24. April 1945 wurden
achtzehn Widerstandskämpfer von der Gestapo
auf ein nahes Ruinengrundstück geführt und ermordet
 

Die Bronzetafel ist auf einem leicht angeschrägten Block aus dunklem Granit am Zugang zum „ Geschichtspark Ehemaliges Zellengefängnis Moabit“ befestigt, der 2006 eröffnet wurde. Ein Stück hinter der Tafel befinden sich an Metallstelen vier detailreiche Informationstafeln zum Gelände. Der Stein mit der Tafel stand ursprünglich am Südrand der kleinen Grünanlage (Verkehrsinsel) vor der Seydlitzstraße (in Höhe des Hauses Lehrter Straße 67). Der Leser der Inschrift blickte zum Gelände des Zellengefängnisses auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Von dem Gefängniskomplex existieren noch drei Beamtenwohnhäuser und – verborgen inmitten einer Kleingartenanlage – der eingezäunte, verwilderte und unzugängliche Beamtenfriedhof.

Zur Geschichte des Gefängnisses heißt es in der „Sozialistischen Zeitung“, November 2007, S. 24 (Jochen Gester: „Von allem Leid, das diesen Bau erfüllt …“): „Der Planung zum Bau eines Mustergefängnisses ging eine Gefängnisreform Friedrich Wilhelms IV. voraus. Vorbild für das Gefängnis in Moabit war das Pentonvillee in London, das nach dem sog. panoptischen System errichtet war. Von einem mit einer Kuppel versehenen Zentralbau zweigen vier Zellenbauten und ein Verwaltungsflügel sternförmig ab. Der Vorteil dieses Bautyps war die personalsparende Überwachung. 1849 waren die Arbeiten beendet.

Neben dem Zellengebäude mit 520 Einzelzellen enthielt der Gesamtkomplex Wohnhäuser für die Gefängnisbeamten, Gärten, Friedhöfe, eine Kirche, Schulhöfe und eine Hinrichtungsstätte.

Um die Isolationshaft konsequent durchführen zu können, mussten die Gefangenen, sobald sie ihre Zellen verließen, eine Mütze mit heruntergeklapptem Schirm tragen, der ihr Gesicht verdeckte. In der Kirche und in den Schulräumen saßen sie in senkrechten Holzkisten, die nur den Blick nach vorne gestatteten. Da es bei Hofgängen trotz starker Bewachung immer wieder zu geflüsterten Gesprächen kam, wurden nach einigen Jahren drei Spazierhöfe angelegt, die in 20 Einzelhöfe unterteilt wurden. Diese Höfe blieben bis 1910 bestehen.

Bereits vor Fertigstellung des Gesamtbaus wurde 1847 ein Schauprozess gegen 256 polnische Freiheitskämpfer geführt, die einen Aufstand im preußisch besetzten Posen planten. Sie wurden in der Märzrevolution 1848 befreit.
Ein weiterer prominenter Zelleninsasse war der Schuster Wilhelm Voigt (‘Hauptmann von Köpenick’). Er verbrachte als 17-Jähriger hier eine dreijährige Strafe. 1978 wurde der 21-jährige Max Hödel wegen eines Attentatsversuchs auf Kaiser Wilhelm I. hingerichtet. Während des Ersten Weltkriegs traf es vor allem Sozialisten wie Georg Ledebour, die wegen ihres Widerstands gegen den Krieg nach Moabit kamen. Nach Kriegsende machte Karl Radek Bekanntschaft mit dem Knast wegen seiner Teilnahme am Spartakusaufstand.

Mit der Herrschaft der Nazis begann das grausamste Kapitel dieser Anstalt, die ab dem Jahre 1940 sowohl von der Wehrmacht als auch der Polizei und ab 1941 auch von der Gestapo als Untersuchungshaftanstalt genutzt wurde.

In dieser Zeit saß der Schriftsteller Wolfgang Borchert hier sechs Monate Haft wegen ‘Zersetzung der Wehrkraft’ ab, und Ernst Busch war unter schärfsten Bedingungen eingekerkert. Am Ende des Zweiten Weltkriegs wurden 306 Widerstandskämpfer eingeliefert, von denen nur 35 das Ende der Nazizeit überlebten. Aus Angst vor Zeugenaussagen wurden noch in der Nacht vom 22. zum 23.April 1945 16 Häftlinge ermordet, darunter Klaus Bonhoeffer (der ältere Bruder Dietrich Bonhoeffers) und Albrecht Haushofer, bei dessen Leiche die im Gefängnis entstandenen ‘Moabiter Sonette’ gefunden wurden. Der junge Kommunist Herbert Kosney überlebte die Hinrichtung schwer verletzt und konnte später als Augenzeuge berichten. Diese Exekutionen sind ähnlich wie die verbrannte Erde beim Rückzug der Wehrmacht als Verbrechen in der allerletzten Phase des Krieges bezeichnet.

Im Zweiten Weltkrieg wurde das Gefängnis vergleichsweise wenig zerstört. Die Kirche sowie Teile eines Zellenflügels wurden ausgebombt, schwerwiegender waren die Plünderungen der Inneneinrichtung vom 26. April 1945. Von Oktober 1945 bis März 1955 nutzten die Alliierten den Gebäudekomplex als Haftanstalt. Ende 1946 wurde hier die einzige Hinrichtungsstelle des Westsektors eingerichtet. Zwischen Januar 1947 und Mai 1949 fanden dort insgesamt zwölf Hinrichtungen statt. In den Jahren 1957/58 wurde das Gefängnis abgerissen. Erhalten blieben lediglich Teile der Gefängnismauer und drei Beamtenwohnhäuser, die heute unter Denkmalschutz stehen.

Im Jahr 2003 begannen die Arbeiten für den 3,1 Millionen Euro teuren ‘Geschichtspark ehemaliges Zellengefängnis Moabit’. Am 26.Oktober 2006 wurde der Park der Presse präsentiert und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.“

Quelle: Gedenktafeln in Berlin.de