Rehbrücke Durchgangslager

 

Bergholz-Rehbrücke Gedenkanlage am Bahnhof

Inschrift:

 Gegen das Vergessen
 
Im Jahr 1942 wurde in einem großem Waldstück am Bahnhof Rehbrücke
das Arbeiterdurchgangslager Rehbrücke für 1200 Insassen errichtet und
im März 1943 in Betrieb genommen.
Hierher brachte man zwangsrekrutierte Menschen aus den von den
Deutschen im Zweiten Weltkrieg besetzten Ländern, hauptsächlich
Belgier, Franzosen und Niederländer.
Sie sollten im Deutschen reich die Rüstungsindustrie
und das öffentliche Leben aufrechterhalten.
Das Lager war Teil des Zwangsarbeitersystems der Nationalsozialisten,
in dem Menschen aus den Krieg eroberten Ländern
als Arbeitssklaven dienten.
 
Bürger der Gemeinde Nuthetal widmen diese Tafel dem Gedenken an geschehenes Unrecht.
 

Bericht aus der PNN 26.09.2005 von Juliane Schoenherr

Ehemaliger Zwangsarbeiter enthüllte am Sonntag Gedenktafel für Durchgangslager Bergholz-Rehbrücke

Ehemaliger Zwangsarbeiter enthüllte am Sonntag Gedenktafel für Durchgangslager Bergholz-Rehbrücke Von Juliane Schoenherr Nutheal – Tief bewegt waren die Zuhörer von Frans Raspés Erzählungen am Freitagabend. Auch nach seinem Vortrag suchten viele noch das Gespräch mit dem 85-jährigen Holländer. Raspé war nach Bergholz-Rehbrücke gekommen, um von seiner Zeit im Rehbrücker Durchgangslager für Zwangsarbeiter zu erzählen. Eingeladen hatten dazu der Ortsverein und die Junge Gemeinde – gekommen waren Zuhörer jeden Alters. Anlass der Begegnung war die Enthüllung einer Gedenktafel durch Raspé gestern Nachmittag am Bahnhof Rehbrücke. Die Tafel wurde auf Initiative des Ortsvereins Bergholz-Rehbrücke errichtet und soll an das Durchgangslager und die damit verbundenen Menschenschicksale erinnern. Frans Raspés kam 1943 in das Lager. Die Niederlande waren zu dieser Zeit bereits seit drei Jahren von der Wehrmacht und der SS besetzt. Zu Beginn der deutschen Besetzung war der 15-jährige Frans noch mit einem Freund auf das Schulhausdach seiner Heimatstadt Den Haag geklettert, um den Fliegern der deutschen Luftwaffe zuzuwinken. „Und die Soldaten haben zurück gewunken, indem sie die Flügel zum Gruß auf und ab bewegten,“ erzählt er und es scheint, als könne er es heute kaum noch glauben. Doch die in Holland anfangs verbreitete Sympathie für die Deutschen ließ nach, als sich Übergriffe gegen Juden und Minderheiten häuften. Als die Nazis 1943 von dem damals 18-jährigen Frans Raspé verlangten, Schützengräben auszuheben, weigerte er sich. Als Konsequenz für dieses Verhalten wurde er nach Potsdam-Rehbrücke abtransportiert. Dabei habe er noch Glück im Unglück gehabt, so Raspé, denn ein osteuropäischer Befehlsverweigerer wäre wohl sofort erschossen worden. Im Rehbrücker Lager blieb der junge Holländer nur drei Wochen, weil man für einen Büroangestellten, der Raspé war, keine Verwendung hatte. Die Erinnerungen an diese relativ kurze Zeit haben sich ihm trotzdem unauslöschlich ins Gedächtnis gebrannt: „Besonders schlimm war der Hunger. Ich erinnere mich daran, wie mir ein deutscher Arbeiter ganz arglos erzählte, wie gut ihm der Apfelkuchen seiner Frau wieder geschmeckt habe. Wir hingegen bekamen nur karge Brotrationen.“ Nachts schliefen die ausländischen Arbeiter, von denen die meisten aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich kamen, auf Holzbrettern – ohne Matratze und ohne Decke. Und dennoch sagt Frans Raspé heute: „Der Rehbrücker Lagerführer war ein anständiger Mensch. So jung ich war, habe ich doch gefühlt, dass der Mann großes Mitleid mit uns hatte, aber nichts für uns tun konnte.“ Von Bergholz-Rehbrücke wurde Raspé nach Schlesien in eine deutsche Sprengstofffabrik gebracht. Dort musste er bis zur Befreiung durch die Rote Armee 1945 als Karteiführer arbeiten. Die Lebensbedingungen dort waren dort so schlimm, dass Raspé an Tuberkulose erkrankte. Aber die schmerzvollste Erinnerung ist für ihn verbunden mit einem gelben Stern, der heute in einem Holzrahmen steckt und den Raspé vor seinen Rehbrücker Zuhörern hoch hält. Geschenkt bekommen hat er ihn in dem schlesischen Lager von einer jüdischen Bekannten aus Den Haag, die er dort zufällig wieder traf. Sie ahnte, dass man sie in ein Vernichtungslager bringen würde und schenkte ihm ihren Stern zum Abschied. Er sah sie nie wieder. Während er all dies erzählt, bleibt seine Stimme fest. Dass der Schmerz auch heute noch tief sitzt, verrät ein leichtes nervöses Zucken in seinem Gesicht und eine für Augenblicke dunklere Gesichtsröte, wenn er von besonders bewegenden Erinnerungen spricht. Ohne Bitterkeit sagt er: „Nach dem Krieg habe ich kaum an diese Zeit gedacht. Aber jetzt, wo ich alt bin, kehrt das alles zurück.“ – eine nachdenkliche Pause entsteht. Dann gewinnt Raspés zuversichtliches Wesen wieder die Oberhand und er sagt: „In Rehbrücke habe ich den Unterschied kennen gelernt zwischen Nazis und Deutschen, denn nicht alle Deutschen waren Nazis und nicht alle Nazis waren Deutsche.“